Warum ausgerechnet eine Pyramide für Duchblick bei Rechtsvorschriften sorgt, lesen Sie in diesem Beitrag.

Unklarheit bei Rechtsvorschriften? Orientieren Sie sich an der Pyramide!

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Sie kennen die Redewendung „Vorschrift ist Vorschrift!“ bestimmt. Natürlich möchte man sich im Berufsalltag an alle Rechtsvorschriften halten, um seine Dienstleistungen in höchster Qualität anzubieten. Beinahe alles scheint geregelt zu sein, von Verarbeitungsanweisungen bis zur Gewährleistung. Doch manchmal sorgt die Vielzahl an Normen, Verordnungen und Rechtsvorschriften für Unsicherheit – statt für Klarheit und Orientierung. Kein Wunder, meint auch Würth Experte Christian Weißensteiner, der aus vielen Gesprächen mit Geschäftsführer:innen, Bauleiter:innen und Planer:innen von der Überforderung vieler durch die herrschende Gesetzeslage weiß. In diesem Beitrag erklären wir daher, welche Bedeutung die unterschiedlichen Rechtsvorschriften haben und warum ausgerechnet eine Pyramide für Durchblick sorgt.

Dass Vorgaben einzuhalten sind, steht außer Frage. Das ist nicht nur wichtig, um die Qualität Ihres Auftrages zu halten, sondern auch, um bei Schadensfällen nicht angreifbar zu sein (Mängelhaftung). Oder stellen Sie sich vor, es könnte sogar der Fall eintreten, dass ein:e Arbeitsinspektor:in die Baustelle zum Stillstand bringt, weil die Sicherheit der Mitarbeitenden gefährdet ist? Die Anforderungen in verschiedenen Branchen können überwältigend sein und die Ressourcen eines Unternehmens stark belasten.

ACHTUNG – GESPERRT!

Wenn ein:e Arbeitsinspektor:in die Baustelle zum Stillstand bringt, weil die Sicherheit der Mitarbeitenden gefährdet ist, gehen unnötig Zeit und Geld verloren.

Eine Pyramide, die Orientierung schafft

Enge, verzweigte Gänge, Sackgassen, aber nirgends Wegweiser. Wer schon mal ins Innere einer Pyramide geblickt hat, weiß, dass Verirren vorprogrammiert ist. Zwischen Grab- und Schatzkammern tastet man sich ähnelnden Wegen entlang – ohne zu wissen, ob man am richtigen Weg ist oder eine böse Überraschung auf einen wartet. Für dieses Gefühl brauchen Sie nicht nach Ägypten zu reisen, wurde uns bei der Recherche dieses Beitrages bewusst. Böse Zungen behaupten, ein Blick ins Verordnungs-Labyrinth hierzulande würde schon ausreichen! Diesem Vorwurf wollten wir nachgehen und darüber hinaus versuchen, gemeinsam mit Experten Klarheit schaffen.

Als gute Orientierungshilfe dient Ihnen diese Pyramide:

Wussten Sie, dass die Bauzeit der Cheops-Pyramide in Ägypten rund 20 Jahre betrug? Wenn Ihnen das lange erscheint, dann werfen Sie doch einmal einen Blick auf diese Pyramide, deren Entstehungszeit sich über die letzten Jahrzehnte hinweg zog - und an der weiterhin gearbeitet wird, da es natürlich immer wieder Änderungen gibt. Diese Pyramide hilft Ihnen jedoch, Orientierung in der Rechtsvorschriften-Flut zu finden.

Wussten Sie, dass die Bauzeit der Cheops-Pyramide in Ägypten rund 20 Jahre betrug? Wenn Ihnen das lange erscheint, dann werfen Sie doch einmal einen Blick auf diese Pyramide, deren Entstehungszeit sich über die letzten Jahrzehnte hinweg zog – und an der weiterhin gearbeitet wird, da es natürlich immer wieder Änderungen gibt. Diese Pyramide hilft Ihnen jedoch, Orientierung in der Rechtsvorschriften-Flut zu finden.

1. Die Basis: Anerkannte Regeln der Technik (a.R.d.T.)

Beginnen wir am Boden der Pyramide, dem Fundament. Wenn Sie nicht wissen, wo Sie anfangen sollen, um sich in der Unmenge an Vorgaben zurechtzufinden, dann finden Sie hier die wichtigste Ausgangsbasis: Gemäß Definition ist eine anerkannte Regel der Technik eine „technische Festlegung, die von einer Mehrheit repräsentativer Fachleute als Wiedergabe des Standes der Technik angesehen wird“.

„Die anerkannten Regel der Technik sind daher der Mindeststandard, den sich der:die Auftraggeber:in bei der Ausführung erwarten kann. Dies sind Prinzipien und Lösungen, die sich in der Praxis erprobt und bewährt haben und sich bei der Mehrheit der Praktiker:innen durchgesetzt haben. Sie bilden auch die Grundlage für Bewertungen durch eine:n Sachverständige:n.“

Würth Experte Christian Weißensteiner

Formen der anerkannten Regeln der Technik

Diese allgemein anerkannten Regeln der Technik können in verschiedensten Formen wie z.B. Normen, Richtlinien, Baubestimmungen oder Verarbeitungsanleitungen festgeschrieben sein. Normen sind nicht unbedingt verpflichtend zu beachten, außer wenn Gesetze oder Rechtsverordnungen auf sie verweisen, oder wenn sie vertraglich vereinbart wurden. In einem Schadensfall wird ein:e Sachverständige:r üblicherweise die anerkannten Regeln der Technik und damit auch Normen als Grundlage für Bewertungen heranziehen.

2. Die Mitte: Stand der Technik

Wenn wir einen Blick in die Mitte der Pyramide werfen, dann finden wir den Begriff „Stand der Technik“. Darunter versteht man den auf einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Entwicklungsstand von fortschrittlichen Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erwiesen und erprobt ist. Das kann beispielsweise eine innovative Weiterentwicklung eines Produktes sein. Bei innovativen Produkten ist es daher wichtig, auf Lieferant:innen zählen zu können, die durch Prüfungen die Beständigkeit und Eignung der Produkte sicherstellen können, weil diese (noch) nicht durch geltende Normen abgedeckt sind.

Von den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ unterscheidet sich der „Stand der Technik“ dadurch, dass dieser in der Praxis (noch) nicht allgemein angewendet wird. Wurde entgegen den geltenden Normen ausgeführt, entsteht die Beweispflicht, dass dennoch den Regeln der Technik entsprechend vorgegangen wurde!

Beispiel:

Gehen wir von einem neuen, innovativen Produkt oder einer Anwendung aus, die „Stand der Technik“ sind. Hier kann es sein, dass diese noch nicht durch Normen abgedeckt sind. In diesem Fall ist der Nachweis zu erbringen, dass dennoch die Leistung entsprechend den Regeln der Technik ausgeführt wird!

Beispielsweise kann die Unterdeck- und Unterspannbahn WÜTOP Thermo ERS auch bei Dachneigungen unter 5° für Unterdächer mit erhöhter Regensicherheit verwendet werden. Dieser Anwendungsbereich ist in den geltenden Normen nicht eindeutig definiert, ein sogenannter Graubereich.  Daher hat Würth für diesen Anwendungsfall eine Prüfung bei einem anerkannten Institut, der Holzforschung Austria, in Auftrag gegeben. Diese Prüfung bestätigt mittels Prüfberichts die Funktionalität für diesen Anwendungsfall mit dem Ergebnis „Kein Wassereintritt“. Damit ist der erforderliche Nachweis erbracht, und Anwender dieses Produktes können sicher sein, dass nach den anerkannten Regeln der Technik vorgegangen wurde.

Auf der Würth Website sind Zulassungen, Zertifikate und Leistungserklärungen hinterlegt.
Auf der Website sind Zulassungen, Zertifikate und Leistungserklärungen hinterlegt.

CE-Kennzeichnung

Jedes Bauprodukt braucht eine CE-Kennzeichnung, damit es in Europa verwendet werden kann. Für Würth Produkte gilt, dass alle Produkte, die diese CE-Kennzeichnung benötigen, diese auch aufweisen. Das gilt z.B. auch für soeben genanntes Produkt, die Thermo ERS. Für Leistungen, die nach anerkannten Regeln der Technik erbracht werden, ist diese CE-Kennzeichnung zwingend!

3. Die Spitze: Stand von Wissenschaft und Technik

Dieser stellt die höchste Stufe dar und umfasst nur die jeweils neuesten Erkenntnisse. Man meint mit dem Terminus den Entwicklungsstand fortschrittlichster Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, die nach Auffassung führender Fachleute aus Wissenschaft und Technik auf der Grundlage neuester wissenschaftlich vertretbarer Erkenntnisse im Hinblick auf das (gesetzlich) vorgegebene Ziel für erforderlich gehalten werden und das Erreichen dieses Ziels gesichert erscheinen lassen. Auch hier ist es wichtig, dem Anwender durch entsprechende Zusagen, die anerkannten Regeln der Technik zuzusichern.

Ein Blick unter die Basis: Auf welchen Regelwerken die Pyramide fußt

  • ÖNORM:

Eine ÖNORM ist eine Norm, die ausschließlich in Österreich gilt. Normen sind Empfehlungen, deren Anwendung grundsätzlich freiwillig ist. Das heißt, ÖNORMen sind kein Gesetz! Der/die Gesetzgeber:in (Verordnungsgeber:in) kann aber ÖNORMen für verbindlich erklären, wodurch sie Gesetzes­rang (Verordnungsrang) erlangen. Die verpflichtende Anwendung und Einhaltung spezieller Normen können auch vertraglich vereinbart werden.

Wenn gemäß den geltenden Normen gearbeitet wird, gilt als vorab erwiesen, dass die Leistung nach den anerkannten Regeln der Technik erbracht wurde!

Unterscheidung der drei Begriffe zur ÖNORM

Die Inhalte, auf die sich die drei Begriffe (anerkannten Regeln der Technik, Stand der Technik und Stand von Wissenschaft und Technik) beziehen, können sich laufend ändern. Das ist bei technischen ÖNORMen nicht der Fall. Denn diese ändern sich nur, wenn das österreichische Normungsinstitut eine neue Auflage herausgibt! Deshalb können die ÖNORMen den genannten technischen Regeln entsprechen, sie können aber auch hinter diesen zurückbleiben. Wichtig ist daher, darauf zu achten, ob in einem Vertrag die Einhaltung der einschlägigen ÖNORMen festgehalten wurde, ob nichts vereinbart wurde oder ob eine bestimmte Stufe technischer Regeln ausdrücklich vereinbart wurde.

Kommt es im Vertrag zu keiner ausdrücklichen Regelung, so kommt zur Anwendung, was gewöhnlich vorausgesetzt ist – also die allgemein anerkannten Regeln der Technik, nicht aber der (höhere) Stand der Technik oder gar der Stand der Wissenschaft und Technik!

  • EN-Norm:

Die EN-Norm hat in Europa Gültigkeit. Jeder Mitgliedsstaat muss diese Norm jedoch ratifizieren, das heißt als nationale Norm umsetzen.

  • Eurocode 5:

Eurocode 5 ist ein Normenpaket für die Bemessung und Konstruktion von Holzbauten.

Tipp: Mit der Würth Akademie zum entsprechenden Know-how!

Entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten finden Sie im Seminarkatalog der Würth Akademie:

Haftungsausschluss: Dieser Artikel spiegelt die aktuelle Rechtslage wider, ersetzt jedoch keine Rechtsberatung. Ziehen Sie bei Fragen und Unklarheiten jedenfalls Ihren Rechtsberater hinzu, um Schadensfällen vorzubeugen!

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