Schmiede-Handwerk: Erlischt das Feuer in den Schmiedeöfen für immer?

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So wie viele Handwerksberufe steht der Beruf der Schmiedinnen und Schmiede vor enormen Herausforderungen. Ist dieses Handwerk nicht längst durch moderne Technik und Maschinen ersetzbar? Ist es nicht ganz und gar unvorstellbar, dass junge Menschen diesen Beruf ergreifen? Wie sind die Aussichten, in der globalisierten (Arbeits-)Welt von morgen in einem traditionellen Beruf bestehen zu können? Wir haben nachgefragt, ob sich junge Menschen in diesem Beruf eine zukunftstaugliche Existenz aufbauen können und haben erfahren, dass insbesondere erfahrene Schmiede viel tun, um das Handwerk am Leben zu erhalten.

Während die einen unentwegt am Handy durch soziale Netzwerke surfen, um Vorbildern in Scheinwelten zu folgen und sich im schnelllebigen, bunten Alltag Fremder verlieren, krempeln andere die Ärmel hoch und schmieden sich ebenfalls ihre eigene Welt – doch ganz real. Weniger glamourös und schrill, aber nicht weniger stimmungsvoll – nein, sogar ziemlich unterhaltsam ist es in der Welt der Schmiede. Das bemerken wir, als wir zum großen Schmiedetreffen nach Neustadtl an der Donau (NÖ) eingeladen werden, um junge und erfahrene Schmiede aus ganz Österreich zu treffen.

Düster und rußig ist es beim Schmiedeofen, aber durch die lodernden Flammen und den herzlichen Empfang vom „Schmied Hans“, wie ihn alle hier nennen, fühlen wir uns in der Werkstatt sofort willkommen und spüren seine Leidenschaft fürs Handwerk der Schmiede.

Eine Hand wie ein „Gorilla“ und ein Herz voller Leidenschaft fürs Handwerk

Eine dicke Haut bekommen Schmiede unweigerlich im Laufe ihres Berufslebens – jedenfalls an ihren Händen.
Foto: Würth/ Daniela Pexa

Ja, genau so würde sich Hans beschreiben. Wobei die Beschreibung seiner Hände auf eine lustige Begebenheit zurückzuführen ist, von der Hans im Video erzählt:

Wenn man dem Hans zuhört, ist die Liebe zu seinem Handwerk schier unendlich. Er brennt für seinen Beruf, die Tradition und – das ist wohl das Bemerkenswerteste – die Zukunft des Handwerks. „Es gibt in ganz Österreich nur 74 Schmiedelehrlinge, das ist zu wenig! Es braucht mehr Ausbildungsplätze!“, fordert Hans, denn nur mit entsprechend qualifiziertem Nachwuchs könne der Beruf der Schmiede vor dem Aussterben bewahrt werden.

Engagement auf ganzer Linie: Hans Schmutz ist Berufsgruppensprecher der Schmiede und Fahrzeugfertiger der Landesinnung Niederösterreich und Vorsitzender des Ausschusses der österreichischen Schmiede, in dessen Funktion er sich darum bemüht, das Freihandschmieden in Österreich als Immaterielles Kulturerbe der UNESCO einzureichen.

Ein Unikat

Nicht nur die Werkstücke sind einzigartig, auch Sepp Eybl ist ein Unikat. Obwohl er spät und als Quereinsteiger zum Schmieden gekommen ist, ist das Handwerk seine Berufung. Jetzt, im Ruhestand, so meint er, ist er beinahe noch ein bisschen aktiver als früher. Das Hammerwerk in Ybbsitz, das bereits seit über 500 Jahren besteht, darf er sein Eigen nennen. Er schätzt die Beziehung zu jedem einzelnen Kunden und zu jeder einzelnen Kundin, die er im Laufe seiner Berufstätigkeit kennenlernen durfte:

Es geht nicht nur ums Geschäft, sondern auch darum, dass du dir deine Arbeiten in 15 oder 20 Jahren auch noch anschauen und sagen kannst: „DAS habe ich gemacht!“. Und die Leute, die das gekauft haben, wissen dann auch noch, dass sie das bei dir gekriegt haben. Nicht, dass sie es einfach gekauft haben. Das ist der große Unterschied!

Sepp Eybl, Schmied aus Ybbsitz (NÖ)

Den Sepp gibt es bald auch in Buchform: Die Eisenstraße Niederösterreich gibt ein Buch über das Leben und Wirken des legendären Ybbsitzer Metallkünstlers heraus, das am 30.11.2022 im FeRRUM Ybbsitz vorgestellt wird. Infos unter www.eisenstrasse.info.

Damit die Feuer in den Schmiedeöfen Österreichs nicht ganz erlöschen, braucht es motivierte Lehrlinge. Dass der Beruf auch für junge Menschen ein interessantes Tätigkeitsfeld bietet, haben wir ebenso in Gesprächen beim Schmiedetreffen erfahren.

Wenn der Funke überspringt

Erwischt hat es Lukas Schiegl, den 23 Jahre jungen Schmiedemeister. Bei ihm sprang der Funke über, als er in der Kindheit mit seinem Großvater die Liebe zum Handwerk entdeckt hat. Damals war er lieber in der Werkstatt als am Spielplatz und bald sei klar gewesen, dass er einen handwerklichen Beruf erlernen möchte. Die Meisterprüfung absolvierte er 2022 am WIFI St. Pölten, wo Hans Schmutz ihn als Lehrer begleitete.

Auch Christine Wild aus Kramsach im Bezirk Kufstein hat ihren Berufswunsch Schmiedin in die Tat umgesetzt. Die 41-jährige Tirolerin ist Kunstschmiedin und seit September 2022 in der Hammerschmiede Pehn in Aggsbach Dorf (NÖ) tätig. Ihre Kunstschmiede-Ausbildung hat sie an der HTL Steyr absolviert und Berufserfahrung in Betrieben in Oberösterreich, Niederösterreich, Tirol und der Steiermark gesammelt. In der Wachau will sie nun den Sprung in die Selbstständigkeit wagen – und in der Hammerschmiede leben und arbeiten. Interessierte können Christine Wild nach Voranmeldung besuchen und beim Arbeiten über die Schulter schauen.

Kunstschmiedin Christine Wild
Foto: Ewald Fohringer/ Fotostudio Mank

Aus einer glanzvollen Vergangenheit in eine ungewisse Zukunft?

Der Beruf des Schmiedes zählt zu den ältesten Berufen der Welt. Schon im Altertum wurden die Handwerker für ihre Waffen und Werkzeuge gebraucht und geschätzt. In Mitteleuropa geht das Schmiedehandwerk auf die Eisenzeit vor etwa 2.800 Jahren zurück. Die Verarbeitung von Metallen war Spezialisten vorbehalten, die über große Materialerfahrung verfügten. Durch die Fähigkeit, Gegenstände mithilfe von Feuer zu erschaffen, hatten Schmiede lange Zeit eine Sonderstellung in der Gesellschaft. Heute spricht man vom Beruf der Metallbauer, der Werkstücke aus Metall (vor allem aus Eisen und Stahl) in glühendem Zustand mit Hämmern oder Pressen formt.

Was die Herausforderungen der Gegenwart betrifft, so gibt uns Jungmeister Markus Allmer eine Einschätzung. Er hat den Berufseinstieg über das WIFI ST. Pölten gefunden und ist schließlich beim Meisterkurs gelandet. Ursprünglich war Markus im Maschinen- und Anlagenbau tätig, hat sich aber dann verstärkt für die Herkunft des Handwerks interessiert:

Erfolgreich die Schulbank drücken

Wer sich für den Lehrberuf des Schmiedes interessiert, dem steht die Ausbildung zum/zur Metalltechniker:in – Hauptmodul Schmiedetechnik zur Verfügung. Im WIFI Niederösterreich kann bspw. die Meisterprüfung „Metalltechnik für Schmiede und Fahrzeugbau“ abgelegt werden.

Was Berufsanwärter neben der fachlichen Ausbildung jedenfalls brauchen, ist die Begeisterung für das Handwerk, da sind sich Lukas und Sepp einig:

Gerald Böck ist seit 22 Jahren Lehrer an der Landesberufsschule Mistelbach und seit 2021 Direktor-Stellvertreter. Unter den 1.000 Schülerinnen und Schülern sind die Schmiede die kleinste Gruppe, so erzählt er uns – und das, obwohl die Kreativität gerade hier besonders gut ausgelebt werden kann. Erstaunlich sei es zu sehen, wie die angehenden Schmiede zuerst ihre Werkstücke auf Papier bringen und anschließend genauso umsetzen können.

Im dualen Ausbildungssystem an der Schule werden Theorie und Praxis perfekt vereint und mit der Matura in der Tasche stehen den Absolvent:innen auch alle beruflichen Möglichkeiten offen.

Im Bild: Gerald Böck. Foto: Würth

Herzlichen Dank an Christine, Lukas, Markus, Sepp, Hans und Gerald für die Interviews und die Möglichkeit, einen Tag mit euch in die Welt der Schmiede eintauchen zu können!

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